Akademik Veri Yönetim Sistemi
Germanistik im Wandel II: Neue Einsichten und Perspektiven der türkischen Germanistik, Yasemin Balcı,Serap Devran,Halit Üründü,Pınar Akkoç Bayır, Editör, Peter Lang Publishing, Inc.,, Berlin, ss.89-99, 2023
Der britische Historiker Eric Hobsbawm erklärt in The Age of Empire, dass nichts die Identitätskrise, die das Bürgertum durchmachte, besser veranschaulichen könnte als die Geschichte von 1870 bis 1914. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der französische Soziologe Henri Lefèbvre, indem er in The Production of Space betont, dass ca. 1910 ein gewisser Raum aufgelöst wurde, den er als Raum des gesunden Menschenverstandes, des Wissens und der sozialen Praxis sowie der politischen Macht erkennt. Laut Lefèbvre ist dieser Raum im alltäglichen Diskurs ebenso verankert wie im abstrakten Denken. Dieser Hintergrund beschreibt nichts weniger als die Krise der Moderne selbst, die die Gesamtheit der Bezugspunkte ins Wanken bringt. Es ist die Krise, die wir in Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften finden. Angesichts der Tatsache, dass die Realität eine Zusammensetzung verschiedener soziokultureller Erfindungen ist, beschreibt Musils Roman die individuelle Krisenerfahrung einer sich verändernden, ihren bisherigen Zusammenhalt verlierenden Welt und der sich entsprechend auflösenden Wirklichkeit. Musils Protagonist Ulrich lebt in einer Welt, die nach und nach zum Kitsch wird. Seine Wirklichkeit verläuft nach Paradigmen, die unter der Autorität einer Tradition weitergegeben werden, die nicht mehr seiner Zeit angehört. Diese Studie will nachgehen, wie Ulrichs Auseinandersetzung mit der krisenhaften Wirklichkeit das Problem der Nachahmung in den Mittelpunkt stellt. Schlüsselwörter: Krise, Moderne, Wirklichkeitsverlust, Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften.